Periodic Safety Update Report
Lehren aus dem MDCG 2022-21 Dokument
Lange erwartet und vielfach beachtet, wurde kurz vor Jahreswechsel 2022/2023 das Empfehlungspapier MDCG 2022–21 „Guidance on Periodic Safety Update Report According to Regulation (EU) 2017/745 (MDR)“ veröffentlicht. Dr. rer. nat. Timo Weiland fasst die Lehren aus dem Papier zusammen.
Medizinproduktesicherheit als Grundpfeiler der MDR
Schon in den Erwägungsgründen zur MDR stellen das europäische Parlament und der Rat der europäischen Union dar, dass Hersteller verpflichtet sind, mit dem Qualitätsmanagementsystem ein Instrument einzurichten, welches es erlaubt, das Verhalten eines Medizinprodukts in der regulären Anwendung zu überwachen. Dieses System zur Post-Market Surveillance (PMS; System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen) hat zum Ziel, über notwendige Maßnahmen zu entscheiden, um die Sicherheit der Patienten und Anwender zu gewährleisten. Die Datengrundlage dazu wird über die systematische und aktive Erfassung von Anwendungserfahrungen aus verschiedensten Quellen geschaffen.
Neu ist das nicht, da schon die MDD sowie EN ISO 13485 den Unterhalt eines entsprechenden PMS-Systems gefordert hatten.
PSUR als Kommunikationskanal
Das schönste Datensammeln hilft allerdings nur bedingt weiter, wenn die Ergebnisse nicht entsprechend aufbereitet und transparent an die interessierte Parteien weitergegeben werden. Diese sind zum einen die Behörden und benannte Stellen, welche über den „regelmäßig aktualisierte Bericht über die Sicherheit“ (PSUR) „bedient werden“. Zum anderen wird die Öffentlichkeit in Form des mündigen Patienten, mithilfe des „Kurzberichts über Sicherheit und klinische Leistung“ (SSCP) informiert.
Folglich fasst der PSUR – entsprechend des Artikels 86 der MDR – die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Analyse der Daten aus PMS zusammen, die gemäß des PMS-Plans über einen definierten Zeitraum gesammelt wurden.
Der PSUR:
- ist eine Momentaufnahme der aktuellen Sicherheit und Leistung des Produkts,
- bewertet eine mögliche Änderung des Nutzen-Risikoprofils,
- gibt Informationen über CAPAs und
- gleicht die Zweckbestimmung und den Einsatz des Produkts qualitativ und quantitativ ab mit dem realen Einsatzumfeld und der einbezogenen Patientenpopulation.
Die strukturierte Information der benannten Stelle und der Behörden über das Produktverhalten im realen Einsatz erfordert eine einheitliche, standardisierte und systematische Darstellung der PMS-Daten durch die Hersteller von Produkten der Klassen IIa, IIb und III.
Strukturierte PSUR Erstellung gemäß MDCG 2021-22
Den Artikel 86 haben wir bereits detailiert im Fachbeitrag der Gesundheitsindustrie BW besprochen.
Nun wurden die Hersteller allerdings etwas alleine gelassen, da außer den gesetzlichen Anforderungen des Artikels 86 keine weiteren Informationen darüber gegeben wurden, wie so eine strukturierte Zusammenfassung der Daten nun genau auszusehen hat.
So sind die Hersteller und Dienstleister wie die novineon CRO GmbH eigenständig tätig geworden und haben pragmatische Lösungen erdacht, wie die PSUR-Verpflichtung umgesetzt werden kann. Das Dokument MDCG 2022-21 trägt diesem Rechnung. Herstellern sollte ausreichend Zeit gegeben werden, das QM-System anzupassen. Es wird ebenfalls wohl (noch) nicht erwartet, dass erstellte oder in Erstellung befindliche PSURs diesem MDCG-Dokument vollumfänglich folgen, solange diese Artikel 86 erfüllen.
Ein paar Worte der Warnung seien aber angebracht. Manche benannte Stellen sehen diesen Punkt etwas anders. Ebenso wird zukünftig die zunehmende Adaption der „eigenen“ PSUR-Struktur an MDCG 2022-21 nötig werden.
Abzudeckende Themenfelder im Rahmen des PMS und des PSUR
Die Bandbreite der zu erfassenden PMS-Daten und der Detaillierungsgrad hängen hauptsächlich ab von:
- der Art des Produkts,
- der Zeitspanne der Vermarktung
- der bisherigen PMS-Erfahrung
Für Detailfragen wann, für welches Produkt, mit welchen Daten ein PSUR zu erstellen ist, wurde von novineon in dem Vortrag zum virtual Lunch besprochen verwiesen. An dieser Stelle möchten wir kurz folgenden wichtigen Punkte in Bezug auf die PSUR Erstellung listen.
- Der PSUR sollte klar, übersichtlich, durchsuchbar und unmissverständlich aufgebaut und dokumentiert sein und eine „Executive Summary“ beeinhalten
- Eigenständig lesbareres Dokument, dennoch nur zusammenfassender Charakter ohne unnötige Details.
- Marketingaussagen sind Teil der technischen Dokumentation und müssen ebenfalls auf die klinische Bewertung und die Gebrauchsanweisung abgestimmt sein
- Standardisierungsgedanke: dem Template der MDCG 2022-21 ist, soweit praktikabel, Schritt für Schritt zu folgen. Daher jede Sektion beachten und fehlende „Bestandteile“ begründen
- Vergabe einer PSUR-Referenznummer und fortlaufende Versionsnummer – in Bezug auf die Datensammlungsperioden, muss darauf geachtet werden, diese fortlaufend ohne Lücken, transparent zu gestalten
- Definition eines „leading devices“ im Falle einer Produktgruppe
- Aufbau der erforderlichen Datenstruktur zu Absatzmenge / Reklamation gemäß dem Template der MDCG 2022-21, soweit praktikabel
- Daten zu Verkaufsmengen begründet präzisieren – Anwendung begründet schätzen mit geeigneten Einheiten und geeigneter Granularität bezüglich Varianten
- Besprechung jeder Anomalie unter Einbezug entsprechender Maßnahmen
- Klares Statement geben, ob das „positive“ Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin gegeben ist
Am Ende ist dem Gesetzgeber an einem transparenten Vorgehen gelegen sowie dem Aufbau einer fortlaufenden Datenbasis mit Vergleichsmöglichkeiten zwischen klar definierten, angrenzenden Datensammelperioden.
Der gesamte Prozess der PMS sollte nicht vom PSUR her gedacht werden – der PSUR ist eine periodische Zusammenstellung der Daten. Der Prozess des PMS ist aber eine kontinuierliche Angelegenheit, welcher so gestaltet sein muss, dass Abweichungen rasch erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.
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Dr. rer. nat. Timo Weiland
timo.weiland@novineon.com
+49 7071 / 98979 - 123
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Dr. rer. nat. Timo Weiland
Director Research & Development, Prokurist
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